Dienstag, 17. März 2009

Lust und Frust

Liebe Leute,

wir hatten es ja schon – die Welt ist nicht gerecht. Alles könnte so schön sein. Es ist indes überhaupt nicht schön. Eher schon bescheiden, um ein nicht so aggressives Wort zu verwenden, welches mit „besch“ beginnt. Ich bin gerade sehr gefrustet. So sehr, dass ich noch nicht mal große Lust hatte, zu bloggen, wenn Ihr versteht was ich meine. Denn wenn selbst der Gang zum einen Meter entfernten Müsli-Riegel zu weit scheint, dann kommt einem auch das Tippen eines Textes nicht gerade leicht in den Sinn.

Zur Überschrift: Lust, weil Anna – ist gestern Abend angereist – heute mit Martin gestern eine schöne Tour zum Kap Formentor gemacht hat. Lust auch, weil Martin kurbelt und tritt, bis das Tretlager heiß läuft. Frust, weil die Beiden gestern und auch heute ohne mich gefahren sind, und das wohl auch morgen und übermorgen machen werden. Aber dazu später mehr. Jetzt kommt erstmal Martin:

„Hola Sportsfreunde!
Diese kleine Zusammenfassung schreibe ich Euch aus meinem Bett mit ein wenig Blick aufs Meer. Die Sonne scheint und gleich erwartet mich ein sensationelles Frühstück mit Pfannkuchen, Eiern, und allerhand anderer Leckereien. Die Auswahl ist riesig, und es fällt nicht schwer die Kohlenhydratspeicher morgens und abends bis zum Bersten zu füllen.

Ja, so kann Urlaub aussehen. Kohlenhydrate brauche ich hier auch und zwar reichlich, ist diese wunderschöne Insel (ich bin das erste Mal hier und finde Mallorca hat einen viel zu schlechten Ruf) doch auch für einen Hamburger Radfahrer sehr, sehr bergig! Dazu kommt, dass der Winter bei uns nicht wirklich viel Training draußen zugelassen hat und ich meist nur auf der Rolle saß. Wirklich viele Rad-Kilometer standen dieses Jahr bisher also noch nicht auf meinem Trainingsplan.
Apropos, die Zusammenfassung meiner letzten, ruhigen Woche:

Montag: 2600 Meter schwimmen
Dienstag: 1 Stunde Rolle
Mittwoch: 2600 Meter schwimmen
Mittwoch: 1 Stunde Laufen, 12 Kilometer
Donnerstag: Frei
Freitag: 2600 Meter schwimmen
Samstag (Mallorca): 2:15 Stunden Rad, 65 Kilometer
Sonntag: 3:36 Stunden Rad, 106 Kilometer
Sonntag: 0:34 Stunden Laufen

Gesamt: 11:20 Stunden

Es ist echt wieder schön, wie enorm die Stundenzahlen zunehmen, so bald man Zeit und Muße hat lange auf dem Rad zu sitzen.

Heute steht mit Lluc und Sa Callobra wohl eine recht anspruchsvolle Tour auf meinem Programm. Da bin ja mal gespannt, fühlen sich meine Beine von den letzten drei Tages-Etappen, die alle deutlich mehr Höhenmeter als unser Deich zu Hause vorzuweisen haben, schon ein wenig schlapp an.
Da hilft nur eins: ordentlich Frühstücken am Mega-Buffett.
Auf geht’s! Anna und Mathes warten bestimmt schon.
Hasta Luego,
Martin“

Jepp, so kann es sich anhören, wenn alles nach Plan verläuft. Martin spult hier ein ordentliches Programm ab, leistet sich – wie es das Klischee verlangt – Rennen mit anderen Fahrern auf der Promenade in Alcudia und fühlt sich dennoch gut. Leider leider ist das bei mir nicht der Fall.

Die vergangene Woche verlief recht unspektakulär. Wobei ich dermaßen viel Organisationskram um die Ohren hatte, dass die Trainingseinheiten etwas zu kurz kamen. Hier die Zusammenfassung:

Montag: Ruhe (hatte ich ja angekündigt)
Dienstag: 3000 Meter schwimmen
Mittwoch: 2:02 Stunden laufen, 23 Kilometer
Donnerstag: Frei
Freitag: 3000 Meter schwimmen
Samstag (Mallorca): 2 Stunden Rad, 56 Kilometer
Sonntag: 3 Stunden Rad, 84 Kilometer

Gesamt: 9 Stunden

Tatsächlich hatte ich mir aber in Hamburg wohl schon einen Fipps weggeholt, was ich schon Freitag Abend zu Hause äußerte. Der Reisetag brachte es jedoch noch nicht so recht zu Tage. Das war aber auch was: 3.30 Uhr aufstehen, 4.30 Uhr am Flughafen, 6.30 Uhr im Flieger – wo uns der Kapitän dann sagte, dass auf Mallorca zu diesem Zeitpunkt aufgrund von Nebel weniger als 50 Meter Sichtweite bestünde, und wir darum zwei Stunden (im Flieger, in Hamburg) warten müssten. Na danke.

Irgendwann am frühen Nachmittag waren wir dann in Alcudia. Wie wir das geschafft haben, ist mir noch nicht ganz klar. Denn unser Fahrerin steuerte außerhalb des Flughafengebäudes nicht etwas auf einen der zehn rum stehenden Kleinbusse zu, sondern auf einen PKW mit Golf-Maßen. Ungefähr eine halbe Stunde haben wir benötigt, um das Setup zu finden, mit dem wir unsere Räder und Taschen – und uns natürlich auch – transportieren konnten.

In Alcudia dann erstmal Wasser kaufen, Apfelsaft und ein Hähnchenbaguette mit Pommes. Eigentlich hätte es so weitergehen können. Beim Radaufbau habe ich, alter Profi, Martin dann mal gezeigt wie schnell man dabei sein kann. Tatsächlich kann es abgesehen von meiner langjährigen Erfahrung jedoch auch daran gelegen haben, dass ich meine Pedale vergessen hatte – in Hamburg. Profi halt.
Somit hätte sich die erste Radausfahrt schon erledigt gehabt, wenn Martin nicht schwupps zu Hürzeler geradelt wäre und mir dort ein Paar Pedale ausgeliehen hätte. Es konnte also doch noch los gehen.

Die anschließende Zwei-Stunden-Tour war dann – zumindest für mich – einen Deut zu schnell, und als wir zurück im Hotel waren froren wir beide wie die Schneider. Zumal unsere Dusche mehr einem kalten Rinnsal als einem heißen Feuerwerk glich. Danach fühlte ich mich dann endgültig kaputt und krank. Und auch wenn die Handwerker das Ding mit der Dusche zeitnah reparierten, so war ich doch am Sonntag so im Eimer, dass ich Martin alleine los schicken musste.

Irgendwann am Mittag bin ich dann aber doch noch los. Ganz ruhig, ganz langsam, ganz warm angezogen. Naja, die ersten 40 Kilometer gingen noch, zum Schluss jedoch wäre ich beinahe nicht mehr von Can Picafort nach Alcudia gekommen. Und das sind 8 Kilometer flaches Terrain! Ich hätte heulen können.
Und am gestrigen Montag musste ich dann also schweren Herzens verzichten. Nach Telefonaten mit zwei Ärzten in Deutschland (die hiesige Ärztin ist bis zum 29. März auf einer Fortbildung – wenn es schief läuft, dann auch richtig schief!) habe ich mir gestern ein Antibiotika besorgt. Das verheißt hoffentlich Besserung, heißt gleichzeitig aber auch Trainingspause.

Ich kann Euch sagen, dass hatte ich mir alles ganz anders vorgestellt. Aber total anders! Nun sitze ich hier, Rasseln auf der Lunge, Kopfschmerzen beim Husten, unkontrollierte Schweißausbrüche, während vor dem Hotel minütlich Hundertschaften von Radlern passieren.
Echt, vorgestern, als ich mich auf der allerletzten Rille nach Hause gewürgt habe, da habe ich mit dem Gedanken gespielt, alles hinzuwerfen. Aber dafür habe ich irgendwie doch schon ein zu großes Stück des Weges zurückgelegt. Nur – manchmal, wenn ich alles so reflektiere, Schienbeine, Schulter, Rücken sowieso, und nun so was, dann geht mir doch zwischendurch die Freude verloren.

Naja, heute ist nun der zweite Tag an dem ich – gefühlt völlig nutzlos – hier rumhänge. Und draußen ist das allerschönste Wetter. Gott, man könnte 100 Kilometer fahren, sogar 150. Aber nix, ich sitze hier fest. Immerhin, heute schaffe ich es endlich den Blog zu verfassen. Ich bin also auf dem Weg der Besserung. Die Lunge rasselt allerdings immer noch, und ich weiß nicht, ob ich morgen ein lockeres Zwei-Stunden-Ründchen hinkriege. Mal sehen. Mache ich halt noch länger Pause. Hilft ja nix.

Und vielleicht kommt die Hoffnung ja heute Abend bei einem Bierchen zurück. Oder darf man das nicht, wenn man Pillen nimmt. Egal, auf alles verzichten geht nun auch nicht. Oder?!

Herzlichst, Euer mathias


P.S: Leider kann ich Euch keine Fotos bieten. Ich war ja so gut wie noch nicht vor der Tür.

11 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Hallo Mathias,

als treue, aber bisher stille Leserin schicke auch ich Dir beste Genesungswünsche aus Münster.

Ich dachte schon, wir hätten dieses Wochenede eine Pechsträhne gehabt (www.leetzenritter.de), aber das ist nicht mit dem zu vergleichen, was Du da gerade mitmachst.

Halt bitte durch, denn ich würde gerne noch viel von Dir hören,

Karina

Anonym hat gesagt…

Hey Kopf hoch!!!! Jetzt müssen wir Dir wohl alle Mut machen!
Weiss nicht, ob Du meinen Eintrag vom letzten Blogeintrag gelesen hast???
Bergische Grüsse
Andrea

Maik hat gesagt…

Hey Mathias!
Mensch, das tut mir aber auch verdammt leid! Und Du kannst die "Alles wird gut"-Sprüche sicherlich schon nicht mehr hören, aber wer soo viel Scheisse fressen (Sorry!) muss, der wird am Ende belohnt. In welcher Form auch immer. Es kommen auch Zeiten in denen Alles wie geschmiert läuft, da bin ich mir ganz sicher! Also, Kopf hoch und weitermachen! lg - Maik

Anonym hat gesagt…

Hey, auch ich bin eine eher stille Leserin, und doch habe ich total Mitleid mit dir und hoffe wirklich jede Woche mit dir, dass du endlich wieder durchstarten kannst. Und dann kommen immer wieder neue Rückschläge, dass ist irgendwie nicht fair. Drücke dir trotzdem weiterhin die Daumen das sich das Blatt endlich wendet und du auch mal wieder fröhlich über lange Touren und Wohlbefinden berichten kannst. Lass den Kopf nicht hängen, ich bewundere dich sehr für deinen Durchhaltewillen und deinen trotz allem noch vorhandenen Optimismus. Ich denke, wenn es einer schaffen kann dann du!! Wünsche dir von Herzen alles Gute!!
Nadine

Anonym hat gesagt…

Hi Mathias,

genieß doch einfach, zumindest soweit möglich :-), die freien Tage. Mensch mal raus aus dem verregneten Norden ist doch auch schon mal schön. Klar, du willst lieber trainieren, aber so eine Erkältung verzieht sich auch wieder und ändern kannst du jetzt eh nichts also versuche so viel positives wie möglich mitzunehmen. Und außerdem bist du doch letzte Woche zweimal 3.000 Meter geschwommen, das war doch auch wieder eine Top-Leistung vor ein paar Wochen warst noch gar nicht schwimmen...

Tim hat gesagt…

Hey Mathias!

Uff :-(
Langsam reicht das auch mal mit negativen Dingen oder findest Du nicht?
Ich finde das aber auf jeden Fall total klasse, wie Du dich da irgendwie durchbeißt und das über dich ergehen lässt und dabei nicht aufgibst.
Ich glaub, ich hätte schon längst aufgegeben.
Definitiv!

Also kopf hoch, das Leben geht weiter und demnächst, da bin ich mir ganz sicher, wirst Du uns hier eine tolle Nachricht nach der anderen berichten.

Grüße
Tim

Anonym hat gesagt…

Hallo Mathias,

Kopf hoch, es kommen auch wieder bessere Zeiten. Die Hoffnung hast Du ja noch nicht aufgegeben. Auch bei uns wird es inzwischen etwas wärmer, so dass ich auch wieder ohne 3-lagige Vermummung fahren kann. Hat heut bei schönem Sonnenschein richtig Spaß gemacht.
Dir empfehle ich zur Motivation ein sehr schönes Buch des Autors M. Müller, 17 Stunden zum Ruhm, dass auch mir in schlechten Stunden immer wieder das Herz gewärmt hat und die Motivation aufs neue beflügelte.

Liebe Grüße, gute Besserung und noch einen schönen Urlaub,
Klaus-Peter

RoadrunnerHH hat gesagt…

Hey Mathias,
das wird schon wieder! Ich finde es total super das Du trotz der bei Dir verständlicherweise etwas schlechten Stimmung uns hier im mitlerweile zwar zwischendurch sonnigen aber immer noch recht kühlen Hamburg weiter auf dem Laufenden hälst.
Ich bin auch die letzten Wochen mit allen möglichen Sachen am Kämpfen, die immer wieder einem vernüftigen Training dazwischenfunken. Dann kommt aber immer wieder montags (oder auch mal dienstags ;) ) der Blog. Da kommst Du dann immer wieder mit Deinen Berichten aus dem Rechner und ich denke mir, wenn der Mathias da mit soviel Unwegbarkeiten zu kämpfen hat und trotzdem immer fleissig weitermacht, dann sollte ich das doch einfach auch machen. So geht es zwar nur langsam mit dem Laufen wieder los, aber es geht weiter. Freue mich jetzt auch mit dem besserwerdenen Wetter jedes Mal wieder mehr auf die Runden um die Alster.
Genieß die Zeit auf der Insel soweit es eben in der blöden Situation geht. Ich bin mir sicher bald gibt es wieder gute Nachrichten ohne Ende. Außerdem musst Du es auch mal so sehen, Martin wird dann von den ganzen Bergen da völlig fertig sein und Du kannst dann gut erholt in der Heimat wieder angreifen ;)

Beste Grüße
Florian

Anonym hat gesagt…

Hi Mathias,

auch der "Motivationsbeitrag" aus Wien soll an dieser Stelle nicht fehlen.

Es klingt wirklich nicht sehr angenehm was Dir da wieder passiert. Find ich sehr sehr schade für Dich...
Trotzdem bewundere ich Deine Ausdauer und das du immer noch am Ball bleibst!

Bleib weiter dran und dann geht sich das Ding schon aus...

Achtung jetzt wird es "politisch":

YES WE CAN!!!

In diesem Sinne,

Martin

Anonym hat gesagt…

Ohje, das ist wirklich fies! Ich bin auch eine stille Leserin und bin immer gespannt auf neue Berichte, die mich oft auch zum Training motivieren. Dass Du jetzt krank bist, ist wirklich sehr schade, ich kann Deinen Frust sehr gut nachvollziehen. Aber Du wirst sehen, es wird von Tag zu Tag besser. Auf Mallorca wird man viiiiiiiiiel schneller gesund, als zuhause - Du wirst sehen! Morgen fliege ich auch nach Mallorca und werde Ausschau nach Dir bzw. nach Euch halten.
Ich hoffe wir sehen uns, das würde dann nämlich bedeuten, dass Du wieder im Sattel sitzt ;-)
Gute Besserung wünscht Dir Gabriele.

PS: Falls Dir langweilig sein sollte: Mein Freund kann leider wegen gesundheitlicher Probleme momentan nicht so viel Radfahren, kommt aber zum Glück trotzdem mit nach Mallorca. Jedenfalls hat er jede Menge Filme mit, die er auf dem Laptop anschauen kann. Ist doch besser, als Trübsal zu blasen. Gemeinsam ist der Frust vielleicht nicht ganz so groß. Wir sind nicht so weit weg von Alcudia.

Anonym hat gesagt…

Hi Mathias!

Irgendwann kommt es wieder: Das breite Grinsen, die zum Himmel gestreckten Arme und der irre Rocky-Ruf!

Die besten Wünsche aus Köln und
Grüße an die anderen

Frank