Dienstag, 2. Dezember 2008

Immer gegenan

Liebe Leute,

welch eine Woche. Und damit meine ich nicht nur die vergangene, sondern auch diese hier. Denn irgend woran muss es ja liegen, dass ich gestern Abend schlichtweg vergessen habe zu bloggen – und es heute beinahe auch vergessen hätte. Hm. Nun ja, für alles gibt es Erklärungen, aber dazu später mehr.

Ersteinmal möchte ich mich kurz an Christoph aus Frankfurt wenden. Ihm wünsche ich heute am 2. Dezember einen schönen Trainingsstart. Denn wie er uns in seinem Kommentar geschrieben hat, wollte er genau heute wieder mit dem Trainieren beginnen. Also: Jetzt mal alle eine kurze Trainings-Beginn-Schweige-Sekunde für Christoph, in der Hoffnung, dass er sein Zwischenziel abgehakt hat.
Dann kann es also auf gehen zu neuen Ufern. Und er 70.3er in Wiesbaden sollte dann eigentlich eine machbare Übung sein.

Dann möchte ich hier noch auf eine kleine Neuerung hinweisen. Wie im vergangenen Projekt können meine Freunde (Thomas, Martin und – neu – Berlin-Axel) natürlich immer ihre Zwischenberichte zu mir schicken, und Euch somit auch auf dem Laufenden halten. Da die Jungs sich aber derzeit mit Schreiben schwer tun, bin ich froh, dass sich Volker – total überraschend – quasi aus dem Nichts heraus hier eingeklingt hat. Sicher sind Euch schon seine zwei ellenlangen Kommentare aufgefallen.

Da er aber mein langjähriger Freund ist – und ich darüber hinaus Patenonkel seines Erstgeborenen – möchte ich ihn mit in den Blog integrieren. Ja ich weiß, Volker ist kein Triathlet. Aber nach zig Jahren Pause, etlichen Diäten und Jojo-Effekten, zwei Kindern, zahlreichen Jobwechseln, Autos, Wohnungen, finde ich es toll, dass es ihn anscheinend in den vergangenen Wochen übermannt hat, und er sich nun den Hamburg-Marathon zum Ziel gesetzt hat.

Und ich freue mich – das habe ich ja auch in meinem Buch geschrieben – über jeden, den wir zum Sporteln animieren können. Nun hat dieser Blog anscheinend auch zu Volkers Sinneswandel beigetragen. Es ist somit nur folgerichtig, dass wir/Ihr ihn bei seinem neuen Weg begleiten/begleitet. Ich zumindest bin schon jetzt gespannt auf seine Entwicklung. Und ich freue mich diebisch, dass ich ihn nun mit diesem Blog, beziehungsweise seiner aktiven Teilnahme daran, verhaften konnte, und es für ihn nun keine Ausrede mehr gibt.

Nun muss man wissen, dass Volker zu Jugendzeiten ein Zehnkämpfer war, und – total untypisch für Mehrkämpfer – ein richtig guter Läufer. Tatsächlich rannte er zwei bis drei Klassen besser als ich zu dieser Zeit, was in Zeiten ausgedrückt eine 2:25 Minuten auf 1000 Meter bedeutet. Aber das ist lange, lange her. Und seit dem ist es ihm bei allem (verschütteten) Talent nie mehr gelungen, ein sportliches Ziel zu erlangen. Also schärft Eure Augen auf den 26. April 2009: Volkers Tag der Abrechnung. Apropos: ist er überhaupt schon angemeldet? Kann man das noch? Schon?

Jürgen, Anna und Thomas vor Pizza

Themawechsel: Ich bin auf Jobsuche. Und weil das so ist, und weil ich noch nicht genau weiß wo mein Zug hinfährt, habe ich mir in der vergangenen Woche drei Tage Auszeit genommen. Ihr kennt das vielleicht. Die Gedanken schweifen umher, und bevor man sich versieht ist ein Tag rum und man hat nicht trainiert obwohl genug freie Zeit vorhanden war. Aber manchmal muss das eben so sein. Dabei hatte die Woche super angefangen. Montags gelaufen, Dienstag Rolle. Dann aber kam der Mittwoch Abend, und mit ihm Stern-TV-Jürgen und Lanzarote-Thomas.

Am liebsten hätte Thomas das Ding alleine verputzt

Wie hätte es anders sein können, es wurde ein feucht-fröhlicher Abend. Und neben allem Wo-soll-der-Zug-hinfahren und Welches-wäre-das-schönste-Projekt entstanden wirklich gute Ideen. Das dumme an so einem Abend ist nur meist, dass man sich an alle konstruktiven Vorschläge am nächsten Morgen nicht mehr erinnern kann. Einzig einen Zettel fand ich noch am nächsten Tag, vollgekritzelt mit (meinen) Hieroglyphen, die eh schon schwer zu entziffern, durch Rotweinflecken verschwommen waren.

Der nächste Tag musste natürlich zur Erholung genutzt werden. Also wieder kein Training. Und am Freitag. Tja am Freitag hatte ich einfach keine Lust. Wie habe ich es genannt: "Ich habe mir einen Depressionstag gegönnt." Muss auch mal sein. Und so lange man es bewusst macht, ist es ungefährlich. Bewusstsein ist das Stichwort, ja fast schon die Quintessenz aller sportlichen Betätigung. Bin ich doch der Meinung, dass alles harte Training nichts nutzt, wenn man es nicht mit guten Gedanken, welcher Art auch immer, koppelt.

Nein, dass ist nicht der Trompeter vom Michel

Am besten erkläre ich das an meinem Samstags-Jogg. Ich dümpelte den Vormittag über mal wieder vor mich hin, als es draußen zu schneien begann. Wer mich kennt, der weiß: Wenn es schneit, dann geht der Müller laufen. Ich finde es einfach toll. Die fallenden Schnellflocken, die Stille, die Kälte, einfach alles. Also rein in die Klamotten und raus auf die Straße.

Allerdings war ich leider immer noch – Nachwirkung der vorangegangenen Tage – total konzeptlos. Immerhin, es wurde mir schon auf den ersten Metern bewusst. Sogleich aber, und schon wieder haben wir das Wörtchen "bewusst", setzte sich eine kleine Maschinerie in Gang: Als ich ein joggendes Pärchen nur wenige Meter vor mir erblickte, und die Beiden auch so aussahen, als könnten sie laufen, fasste ich den Entschluss, mich einfach von ihnen abhängig zu machen. Wenn ich schon kein Konzept hatte, dann doch wenigstens – und eben damit doch eines – dieses, dass ich das ihrige übernahm.

Das auch nicht

Und so lief ich mit 40 Meter Abstand immer hinter den Beiden her. Anfangs troxelte ich so vor mich hin, aber schon bald genoss ich den Schnee und auch das ruhige Tempo welches das Paar vorgab. Nach 35 Minuten blieben sie stehen (normalerweise wollte ich nach 30 Minuten umkehren), und ich ermahnte sie, dass sie das nun nicht machen könnten, denn dann stünde ich wieder ohne Konzept da. Ein kurzes verständnisvolles Lachen – ohne das sie mich wirklich verstanden hatten – und weiter ging es.

Irgendwann in den folgenden Augenblicken kam dieser Lauf vollends in meinem Bewusstsein an, und wurde plötzlich von einer Sekunde auf die andere, bewusster, intensiver, leichter, schöner. Dieses herrliche Gefühl wuchs mit jedem Meter den wir – immer noch im 40-Meter-Abstand zueinander – zurücklegten. Denn ich hatte mich längst entschlossen, egal wohin sie laufen würden, egal wie weit oder wie schnell, ich würde ihnen folgen. Alle Unsicherheit verflüchtete sich, weil ich mir irgendetwas von der Art sagte wie "das gibt es gar nicht, dass ich denen nicht folgen kann". Folglich wurde mein Selbstvertrauen immer größer und aus meinem fehlenden Konzept war eines entstanden. Denn ich trainierte, mich Überraschungen zu stellen.

Sonntags-Training auf dem Deich mit (v.l.): Norman, Michaela, Frank und Thomas

Ich schwöre, ich hätte spontan einen Zwei-Stunden-Lauf hingelegt (das ist nicht so leicht, wenn man es nicht von vorneherein geplant hat), meinetwegen auch einen Drei-Stunden-Lauf. Und als die Beiden nach 50 Minuten umdrehten und mir lächelnd zuriefen, dass die S-Bahn dort hinten irgendwo wäre, da konnte ich – total dumpf und düster in den Lauf gestartet – ihnen fröhlich entgegnen, dass ich diese technische Unterstützung nicht benötigen würde.

Selten hatte ich einen so schönen Lauf, so viel kann ich sagen. Und – komme ich zurück zu Frankfurt-Christophs Kommentar, der mich für mein Training gelobt hat, obwohl sich diverse Probleme immer wieder auftun – so war nun dieser Lauf der Punkt, an dem ich mir sagte, dass eben darin der Reiz besteht: Sich nicht von Hindernissen und Problemem unterkriegen zu lassen.

Die Vergangenheit beweist es doch: Meine Rennen auf Hawaii mit Rückenschmerzen, mit erhöhter Temperatur, der dicke Zeh in Zürich 2005, mein Rennen 1998 in Roth, als ich zehn Wochen vorher einen Eingriff am Knie hatte und dann mit 9:28 Stunden 99. wurde, oder aber Dirk bei unserem Lanza-Projekt, als seine Mutter verstarb, und Anna, die sich gegen alle Probleme, körperlicher und zeitlicher Art gestemmt hat, und – wie alle aus dem Team – das Ziel mit einem Lächeln erreichte:
Wie sagt mein Freund und Trauzeuge Christian "Kochi" Koch immer: Einfache Sachen kann jeder. Oder andersherum:
Die hart erkämpften Ziele und Siege, sind diejenigen die am Ende besonders süß schmecken.

Also, Ihr das draußen, gönnt Euch Eure Depri-Tage. Aber danach, tut mir und Euch den Gefallen, kämpft wie die Löwen für Eure Ziele, geht Euren Weg, lasst Euch nicht von ihm abbringen.
Kurz: Pa’a!!

Herzlichst, Euer mathias

P.S.1: Trainiert habe ich auch, wie Euch das Foto vom Deich zeigt. Aber bitte, wie kalt fühlen sich 2 Grad Celsius an, wenn man auf dem Deich Rad fährt?! Brrr.

Hier meine Woche:

Montag: 1 Stunde laufen
Dienstag: 1:15 Stunden Rolle
Mittwoch: Pizza und Bier
Donnerstag: Erholungstag
Freitag: Depressionstag
Samstag: 1:40 Stunden laufen
Sonntag: 3:07 Stunden Rad

Gesamt: rund 7 Stunden

P.S: Suche Job in dem ich meine Fähigkeiten wie Schreiben, Sprechen, Kontakten, Fantasieren, Überzeugen, Motivieren, u.a. an den Mann bringen kann. Wie wäre es mit Pressesprecher o.ä. Wer was weiß, gibt bitte Bescheid.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Als ich die Überschrift zum heutigen Eintrag gesehen habe, fiel mir, und eingeweihten wird es auch sofort wie Schuppen von den Augen fallen, unser Segeltörn 2004 ein. Eigentlich hatten wir vor, von Fehmarn die Ostsee bis nach Schweden hochzufahren. Leider hatten wir Wind aus Ost/Nord-Ost! Doof. ABER, wir nicht dumm, haben einfach schnell unsere Absichten geändert und haben uns kurzerhand auf den WEg Richtung Fyn (große Insel in Dänemark) gemacht. Aaahhhh, endlich nicht mehr kreuzen. ABER, und ihr ahnt es: Nach ein paar Tagen schlug der Wind um. Er kam jetzt aus West. So sind wir also quasi zwei Wochen lang immer gegen den Wind gesegelt. Deshalb hieß unsere Tour hinterher auch "Die-Voll-Gegen-An"-Tour. Und jetzt kommt noch ein drittes ABER: Wir hatten trotz der widrigen Umstände eine Menge Spaß und haben eine Vielzahl interessanter Dinge gesehen. :-)
So viel zu: Immer gegenan!

Liebe Grüße und die Nase immer im Wind!
Katrin

Anonym hat gesagt…

Bei "immer gegen an" muss ich an meine Radtour zur Arbeit denken. Morgens kommt der Wind hier grundsaetzlich (mit schmerzlich wenigen Ausnahmen) aus Nord (oder NW) und nachmittags dreht er dann auf Sued (oder SO). Und somit habe ich taeglich die Nase im Wind (oder auch Sturm)... Bestimmt gut fuer irgendwas (staerkt den Charakter oder so ;). Wenigstens hoert man mich nicht so laut schimpfen wenn es so blaest...

Schoen heute von Dir zu hoeren, Mathias! Habe mich gestern schon ertappt, dass ich oefter mal auf der Seite nach einem Update geschaut habe....

Ich drueck die Daumen, was die Jobfront angeht. Ich weiss, wie nervenaufreibend es ist, wenn man nicht absehen kann wo es hingeht... Steht mir naechtes Jahr auch wieder bevor!
Liebe Gruesse,

Enka

Tim hat gesagt…

Hey Mathias!

Das mit dem gegen an kenne ich.
Zum einen vom Segeln, zum anderen hat man hier oben in Angeln, wenn man beim Radtraining auf irgendwelchen alten, kleinen Straßen, die eigentlich nur Bauern befahren, ständig und so gut wie immer Gegenwind und wenn man dann noch an die Westküste auf den Deich fährt, wirds richtig grausig.

Ich hab meine Erkältungstage hinter mir gelassen, hab am Wochenende meine Rolle aufgebaut und mir überlegt am 27.2. einen Wintermarathon zu laufen und am 6.6 ne Mitteldistanz.
Sollte glaube ich neben Abistress reichen in meiner 2. Saison ;-)

Ich hab dein Buch als Weihnachtsgeschenk bei uns im Verein nochmal angeprießen. 2 wollten sich das auf jeden Fall wünschen.

Zum Motiveren und überreden fällt mir jetzt spontan Vertreter ein, aber ich glaube, dass das nicht das richtige ist für dich.

Und HHmarathon: Jap kann man sich noch anmelden, der ist an meinem Geburtstag, da sollte ich eigentlich auch starten.

Grüße
Tim